Mit einem aktu­el­len Beschluss (Az. XII ZB 6/24) hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) Klar­stel­lun­gen zur Berech­nung des Selbst­be­halts beim Eltern­un­ter­halt getrof­fen. Im Fokus steht die Ein­kom­mens­gren­ze von 100.000 Euro aus dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, deren Bedeu­tung für die zivil­recht­li­che Unter­halts­pflicht neu bewer­tet wur­de.
Hin­ter­grund
Der Fall: Ein Sozi­al­hil­fe­trä­ger for­der­te von einem gut­ver­die­nen­den Sohn einer pfle­ge­be­dürf­ti­gen Mut­ter Eltern­un­ter­halt, da die Mut­ter die Kos­ten für ihre sta­tio­nä­re Pfle­ge nicht voll­stän­dig selbst tra­gen konn­te. Das Ober­lan­des­ge­richt hat­te die Kla­ge abge­wie­sen und dabei einen Selbst­be­halt von 9.000 Euro für ver­hei­ra­te­te Unter­halts­pflich­ti­ge ange­setzt, der sich an der Ein­kom­mens­gren­ze des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ori­en­tier­te.
Der BGH hob die­ses Urteil auf. Nach Ansicht des Gerichts ist die Anwen­dung der 100.000-Euro-Grenze im zivil­recht­li­chen Kon­text unzu­läs­sig, da das Angehörigen-Entlastungsgesetz ledig­lich den sozi­al­hil­fe­recht­li­chen Rück­griff regelt.
Wich­ti­ge Urteils­aspek­te
Ein­kom­mens­gren­ze nicht bin­dend: Die 100.000-Euro-Jahreseinkommensgrenze des Angehörigen-Entlastungsgesetzes beein­flusst nicht die Berech­nung der zivil­recht­li­chen Unter­halts­pflicht. Die­se Gren­ze gilt aus­schließ­lich für den sozi­al­hil­fe­recht­li­chen Anspruchs­über­gang und ändert die bürgerlich-rechtlichen Rege­lun­gen nicht. Ange­mes­se­ner Selbst­be­halt: Der vom Ober­lan­des­ge­richt ange­setz­te Selbst­be­halt von 9.000 Euro wur­de als zu hoch und sys­tem­fremd bewer­tet. Die BGH-Richter bestä­tig­ten hin­ge­gen die aktu­ell gül­ti­gen Leit­li­ni­en eini­ger Ober­lan­des­ge­rich­te, die einen Selbst­be­halt von 2.650 Euro vor­se­hen, als recht­lich unbe­denk­lich. Erwei­ter­ter Ein­kom­mens­schutz: Der BGH deu­te­te an, dass Unter­halts­pflich­ti­gen künf­tig ein höhe­rer Anteil ihres berei­nig­ten Ein­kom­mens über den Selbst­be­halt hin­aus ver­blei­ben könn­te – etwa 70 Pro­zent.
Aus­wir­kun­gen auf die Pra­xis
Das Urteil schafft mehr Rechts­si­cher­heit und grenzt die sozi­al­hil­fe­recht­li­chen Rege­lun­gen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes klar vom zivil­recht­li­chen Unter­halts­recht ab. Unter­halts­pflich­ti­ge kön­nen sich nicht allein auf die 100.000-Euro-Grenze beru­fen, son­dern müs­sen ihre Leis­tungs­fä­hig­keit nach den all­ge­mei­nen Grund­sät­zen des Unter­halts­rechts prü­fen las­sen.
Das Urteil stellt einen wich­ti­gen Schritt dar, um die Balan­ce zwi­schen den Inter­es­sen von Sozi­al­hil­fe­trä­gern, unter­halts­pflich­ti­gen Kin­dern und pfle­ge­be­dürf­ti­gen Eltern zu wah­ren. Die genaue Umset­zung die­ser neu­en Maß­stä­be wird nun in der nächs­ten Instanz wei­ter geklärt.